Gemeine Hasel

Die Gemeine Hasel, auch Haselstrauch oder Haselnussstrauch genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Birkengewächse. Sie ist ein meist rund fünf Meter hoch werdender sommergrüner Strauch, der in Europa und Kleinasien heimisch und in Mitteleuropa sehr häufig ist. Bekannt ist sie für ihre essbaren, seit Jahrtausenden vom Menschen genutzten Früchte, die Haselnüsse. Der Großteil der im Handel erhältlichen Haselnüsse stammt jedoch von der nahe verwandten Lambertshasel.

Das Art-Epitheton avellana bezieht sich auf die antike italienische Stadt Abella, heute Avella, in der heutigen Provinz Avellino in Kampanien nahe dem Vesuv. Die Region ist für ihren Haselnussanbau schon seit dem Altertum bekannt.

Merkmale

Die Hasel wächst in der Regel als vielstämmiger, aufrechter Strauch von fünf bis sechs Metern Höhe. Die Verzweigung ist sympodial. In seltenen Fällen wächst sie als Baum und wird dann bis zu zehn Meter hoch. Sie ist sommergrün und bildet Stockausschläge. An der Stammbasis entstehen Schösslinge, die im ersten Jahr mehrere Meter hoch werden können, sich aber erst im zweiten Jahr verzweigen und noch später zur Seite biegen. Diese Schösslinge sorgen für den strauchförmigen Wuchs, da die Verzweigung der Hasel ansonsten akroton gefördert ist. Der Stammdurchmesser kann 15 bis 18 Zentimeter erreichen. Das Höchstalter der Hasel liegt bei 80 bis 100 Jahren.

Knospen und Triebe

Die Winterknospen sind stumpf eiförmig, fünf bis sieben Millimeter lang und seitlich leicht zusammengedrückt. Die Knospen sind am Rand bewimpert. An der Lichtseite sind sie rotbraun, im Schatten grün. Die scheinbaren Endknospen sind breit eiförmig und nur kaum größer als die Seitenknospen.

Junge Triebe sind im Querschnitt rund und haben ein kleines, rundes Mark. Die Triebe sind mit kurzen Haaren dicht besetzt und haben auch etliche große, helle Lentizellen. Die Triebspitze ist durch rotbraune Drüsenhaare gekennzeichnet. In den Blattnarben sind fünf Leitbündel sichtbar. Die jungen Triebe sind relativ dünn und wachsen etwas zickzackförmig.

Blätter

Die Blätter stehen zweizeilig wechselständig an den Trieben, an aufrechten Trieben jedoch spiralig. Der Blattstiel ist einen halben bis zwei Zentimeter lang und drüsig behaart. Die Blattspreite ist runzelig, sieben bis dreizehn Zentimeter lang und sechs bis zehn Zentimeter breit. Die Form ist rundlich bis verkehrt eiförmig. Die Spreitenspitze ist eine kurze Spitze, die Blattbasis ist oft etwas asymmetrisch und herzförmig. Der Blattrand ist grob doppelt gesägt. Die Blattoberseite ist zerstreut behaart und deutlich dunkler als die Unterseite. Die zwei kleinen, eiförmigen Nebenblätter fallen nach dem Blattaustrieb bald ab.

Sonnen- und Schattenblätter unterscheiden sich in ihrer Anatomie. Je weniger Licht ein Blatt erhält, umso kürzer sind die Palisadenzellen. Im Herbst vergilben die Blätter vom Rand her, bevor sie abfallen.

Holz und Rinde

Das Holz der Hasel ist mäßig hart und zäh. Es besitzt eine rötlich-weiße Farbe, wobei zwischen Splint- und Kernholz kein Unterschied besteht. Die Rohdichte des Holzes beträgt 0.57 bis 0.63 g/cm³.

Die Hasel bildet keine Borke aus. Ihr Abschlussgewebe auch auf alten Zweigen ist eine glatte, glänzend graubraune Rinde. Auf ihr sitzen querstehende, helle Lentizellen. Im Alter bekommt die Rinde Längsrisse.

Blüten

Die Hasel ist monözisch, d. h. eine Pflanze verfügt über weibliche und männliche Blütenstände. Diese stehen in dichasialen Teilblütenständen. Letztere stehen entweder zu vielen und bilden Kätzchen oder sie stehen zu mehreren und bleiben von der Knospe eingeschlossen. Die Hasel hat ihre Blütezeit im Februar/März vor dem Laubaustrieb und ist als Frühblüher ein wichtiger Pollenlieferant für Honigbienen. An warmen, sonnigen Wintertagen werden allerdings nur die männlichen Kätzchen angeflogen, da die weiblichen Blüten weder duften noch Nektar anbieten. Die Bestäubung erfolgt in jedem Fall durch den Wind. Die Blüten sind recht unscheinbar. Ein einziges Kätzchen enthält etwa 2 Millionen Pollenkörner. Mit etwa zehn Jahren tragen die Sträucher das erste Mal Früchte. Mit der leicht zu beobachtenden Haselblüte ist sie eine phänologische Zeigerpflanze.

Die männlichen Blütenstände entstehen bereits im Herbst des Vorjahres und überwintern nackt. Meist stehen zwei bis vier Blütenstände an der Spitze oder in Blattachseln letztjähriger Triebe. Zur Blüte strecken sie sich auf acht bis zehn Zentimeter Länge. Die Einzelblüten stehen in der Achsel eines flaumig behaarten Tragblatts, am Blütenstiel sitzen zwei Vorblätter. Ein Perianth fehlt, sodass die Blüte aus vier Staubblättern mit je zwei Antheren besteht. Der Pollen der Hasel besitzt drei Keimporen.

Die weiblichen Blüten stehen in zweiblütigen Dichasien. Diese bilden zu mehreren den weiblichen Blütenstand, der jedoch auch bei der Blüte von den Knospenschuppen umschlossen bleibt. Lediglich die roten Narben ragen aus der Knospe hervor. Das Dichasium besteht aus dem Deckblatt, den beiden Vorblättern der fehlenden Mittelblüte, sowie den beiden Seitenblüten, die entwickelt sind. Die Seitenblüten sind von zwei miteinander verwachsenen Vorblättern umgeben, die später zur Fruchthülle werden. Die Blüte besteht aus dem Stempel, der aus zwei verwachsenen Fruchtblättern besteht. Der Fruchtknoten ist durch Scheidewände in zwei Fächer geteilt, von denen jeder eine Samenanlage enthält. In der Regel entwickelt sich nur eine Samenanlage.

Der Klimawandel wirkt sich auf die Blütezeit der Hasel aus. So setzt unter dem Einfluss der fortschreitenden Erwärmung des Klimasystems der Erde die Haselblüte tendenziell immer früher ein. Beispielsweise blühte im Jahr 2018 die Hasel bereits Ende Januar und damit 22 Tage früher als noch in den frühen 1950er-Jahren.

Früchte

Nach der Befruchtung werden die Scheidewände des Fruchtknotens reduziert, es entwickelt sich eine einsamige Nussfrucht. Selten entwickeln sich beide Samenanlagen zu Samen aus. Die beiden Vorblätter der Blüte entwickeln sich zur Fruchthülle, der Cupula, die bei der Gemeinen Hasel glockenförmig ist und einen zerrissen gezähnten Rand aufweist. Das rundliche Mal an der Unterseite der Frucht ist die ehemalige Ansatzstelle an der Cupula. Die Nuss ist seitlich leicht zusammengedrückt. An der Flachseite gibt es eine leichte, längsorientierte Eintiefung. Dies sind die Kommissuren, die Stellen, wo die beiden Fruchtblätter aneinanderstoßen. An der Schmalseite besitzt jede Nusshälfte eine leichte Erhebung: dies ist die Mediane jedes Fruchtblattes. Hier lässt sich die Nuss am leichtesten spalten.

In der Nuss befindet sich ein einziger großer Samen ohne Endosperm. Die Samenschale ist dünn und häutig. An einer Schmalseite liegt ihr die Columella an: das ist die Zentralsäule des Fruchtknotens, die sich bei der reifen Frucht von der basalen Ansatzstelle bis zur Spitze des Samens zieht. Sie ist die Verbindung zwischen Mutterpflanze und Samen. Der Achsenkörper des Embryos sitzt dementsprechend an der Spitzenseite des Samens, die Keimblätter füllen den restlichen Teil des Samens aus. Sie sind Speicherorgane, die hauptsächlich fette Öle speichern.

Die Samen der Haselnuss enthalten rund 60 % fettes Öl. 100 Gramm enthalten rund 2700 kJ Energie. Siehe dazu auch den Infokasten rechts.

Studien über die Inhaltsstoffe von rohen italienischen Haselnüssen oder einem daraus hergestellten gerösteten Haselnussmaterial, ergaben 37 geruchsaktive Verbindungen in den rohen Nüssen, während 46 Aromaverbindungen im gerösteten Nussmaterial nachgewiesen wurden. Darunter ist zum Beispiel Filberton als einer der wichtigsten Aromastoffe.

Die Nüsse werden von Kleinsäugern und Vögeln verbreitet. Diese Tiere nutzen die Nüsse als Nahrung, durch verlorene Nüsse und vergessene Nahrungsverstecke sorgen sie zugleich für die Ausbreitung der Samen. Erntezeit ist üblicherweise September/Oktober.

Wurzeln und Mykorrhiza

Die Hasel hat ein sehr intensiv verzweigtes Wurzelsystem. Neben einer Pfahlwurzel bildet sie starke Seitenwurzeln aus, die nahe der Oberfläche liegen, jedoch nicht sehr weit reichen. Die dichteste Durchwurzelung ist in 30 bis 40 Zentimetern Tiefe. Die mittlere Wurzellänge liegt bei Haseln in Feldschutzhecken bei drei, maximal vier Metern. Daher übt die Hasel kaum negativen Einfluss auf benachbarte Kulturen aus. Die Hasel geht mit folgenden Pilzen eine Ektomykorrhiza ein: Schwarze Trüffel, Sommer-Trüffel, Wintertrüffel. aber auch Perlpilz, Steinpilz und Cenococcum geophilum. Auch der Hasel-Milchling bildet eine Mykorrhiza mit der Hasel.

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22, seltener 44.

Verbreitung und Florengeschichte

Das Areal der Hasel umfasst große Teile Europas sowie Anatolien und den Kaukasus. Überwiegend an der Schwarzmeerküste in Nordanatolien – in den Provinzen Zonguldak bis Giresun – findet man eine hohe Dichte an Haselnussplantagen. Im Norden reicht das Verbreitungsgebiet bis zu den Orkney-Inseln sowie in Norwegen bis zum Polarkreis. In Schweden kommt die Hasel bis zum 64., in Finnland bis zum 63. Breitengrad vor. Ob die Hasel in Nordafrika und in Syrien natürlich vorkommt, ist nicht ganz gesichert.

Die Hasel kommt im Süden des Verbreitungsgebiets bis in wesentlich höhere Lagen vor als im Norden. So liegt die Höhengrenze im Erzgebirge und in den Vogesen bei 800 m, in den Nordalpen meist bei 1200 m, in Kärnten bei 1600 m und in Nordmazedonien bei 1500 m. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil am Heuberg bei Häselgehr bis zu 1500 Metern Meereshöhe auf.

Fossil ist die Hasel seit dem Pliozän bekannt. Die letzte Eiszeit überdauerte sie in einem Rückzugsgebiet in Südwest-Europa, u. a. im Norden Portugals. Zu Beginn der Frühen Wärmezeit wanderte sie von dort nach Mitteleuropa ein. Sie verdrängte hier die Kiefer und Birke. Ihre schnelle Wiederverbreitung wird von einigen Wissenschaftlern mit der Einwanderung des Menschen in Verbindung gebracht, für die die Nüsse ein wichtiger Nahrungsbestandteil waren. Von 7000 bis 6000 v. Chr., während der Mittleren Steinzeit, war die Hasel das dominierende Gehölz in Mitteleuropa. Danach wurde sie in Mitteleuropa von Eichenmischwäldern zurückgedrängt. Circa 5000 v. Chr. erreichte die Hasel Südschweden, 2000 v. Chr. die obere Wolga.

Standorte

Die Hasel wächst bevorzugt in ozeanischem und subozeanischem Klima in sommerwarmen Lagen. Sie wächst in lichten Wäldern, an Waldrändern und Feldhecken. Sie ist eine Lichtpflanze, verträgt aber auch mäßigen Schatten. Bezüglich Feuchte, Bodenreaktion und Stickstoffbedarf ist sie nach der Klassifizierung nach Ellenberg indifferent. Ihr Optimum erreicht sie auf feuchten, gut durchlüfteten, warmen Böden, die einen hohen Humusgehalt und neutrale bis alkalische Reaktion haben. Auf nährstoffarmen Sanden sowie auf sauren, vernässten Standorten gedeiht sie nicht.

Pflanzensoziologisch kommt sie in Mitteleuropa vor allem in Eichen-Hainbuchenwäldern und in Auenwäldern vor. Die optimalen Bedingungen hat sie in älteren Schlehengebüschen auf potentiellen Buchenwald-Standorten. Auch auf offenem Blockschutt bildet sie eigene Corylus avellana–Gesellschaften, den Hasel-Buschwald: beschrieben wurden sie etwa aus Kärnten.