Funktionen der Massenmedien

Unter Funktionen der Massenmedien versteht man die kommunikativen Aufgaben, die den Medien in einer demokratischen Gesellschaft zugeschrieben werden, sowie die Leistungen, die die Medien für die Menschen dieser Gesellschaft erbringen. Medien sind demnach mitbeteiligt amBestand des Gesellschaftssystems und dessen Anpassungsmöglichkeiten an die Umwelt.

Gesellschaftliche Funktionen

Informationsfunktion

Die Informationsfunktion ist die zentrale Funktion der Massenmedien. eine Leistung der Massenmedien, die diese übergreifend im Hinblick auf das soziale, politische und gesellschaftlich-ökonomische System erbringen. Die Medien vermitteln Wissen und Erfahrungen, d. h. das subjektive Wissen des Empfängers wird erweitert. Informationsvermittlung über Massenmedien vollzieht sich dabei im Rahmen einer Sekundärerfahrung, d. h. die Reduktion subjektiven Nichtwissens geschieht durch Kommunikation. Die jeweilige Erfahrung macht man nicht persönlich. Primärerfahrungen liegen hingegen vor bei Erlebnissen in direktem Umgang mit Dingen. Klaus Beck kritisiert, dass die Massenmedien keine Informationen an sich transportieren, sondern lediglich Reize und Signale, die vom Empfänger verarbeitet werden. Ob und welche Information schließlich konstruiert wird, bestimmen nicht die Medien, sondern die Rezipienten.

So sorgen die Massenmedien dafür, dass die Menschen die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Zusammenhänge begreifen, die Demokratie verstehen und über Politik so unterrichtet sind, dass sie selbst aktiv daran teilnehmen können.

Aus der Informationsfunktion leiten sich verschiedene Forderungen an die Massenmedien ab. Sie sollen sich um Vollständigkeit bemühen, sodass alle Interessengruppen innerhalb der Gesellschaft zu Wort kommen können. Zudem sollen sie objektiv und verständlich berichten, sodass Ereignisse und Probleme auch für nicht sachverständige Bürger einsehbar dargestellt werden.

Soziale Funktionen

Soziale Funktionen sind jene Leistungen der Massenmedien, die diese im Hinblick auf die gesellschaftliche Umwelt als soziales System erbringen. Am bedeutendsten für das Zusammenleben von Menschen in industriellen Großgesellschaften ist die Sozialisationsfunktion, nach der Definition von Hess die Sozialisierung und Stärkung des Normbewusstseins. Massenmedien vermitteln Handlungsmuster, Rollenverhalten, Normen und gesellschaftliche Werte.

Die soziale Orientierungsfunktion bezieht sich darauf, dass die Massenmedien es ermöglichen, sich in einer immer unüberschaubareren Umwelt zurechtzufinden, indem sie eine Fülle von Details bereitstellen.

Mit der Rekreationsfunktion beziehungsweise der Gratifikationsfunktion erfüllen Medien den Bedarf nach Zerstreuung und Ablenkung. Dadurch ermöglichen es Medien den Menschen, sich zu erholen und von der Arbeit abzulenken. Durch Unterhaltung und Entspannung sind wir wieder in der Lage, unsere Arbeit zu leisten, mit unseren Problemen fertig zu werden und unser Leben zu bewältigen.

Dabei werden bisweilen gewisse Fluchttendenzen unterstützt, wodurch die Medien für die Rezipienten auch die Funktion erfüllen, die Sorgen des Alltags zu vergessen und vor der eigenen Realität zu flüchten. Dieser Aspekt wurde bereits im Uses-and-Gratifications-Ansatz berücksichtigt und wird im Rahmen der Rekreationsfunktion als Eskapismusfunktion benannt. Die Medien bieten also Lebenshilfe im weitesten Sinne. Sie erfüllen darüber hinaus das Bedürfnis nach Abenteuer, erotisch-sinnlichem Vergnügen oder auch Angst und Schrecken.

Die vierte soziale Funktion ist die Integrationsfunktion, nach der Medien in unserer durch verschiedene Gruppen organisierten beziehungsweise durch vielfältige Interessen differenzierten Gesellschaft gesellschaftlich anerkannte Verhaltensweisen und Verhaltensnormen vermitteln, sowie Massenloyalität für die Geltung dieser sozialen, politischen und rechtlichen Normen herstellen. Maletzke sieht diese Funktion darin, dass der Mensch sich über seinen eigenen Erfahrungshorizont hinaus als Teil der Gesellschaft fühlt, die er wiederum als Ganzes wahrnimmt.

Politische Funktionen

Politische Funktionen, also Leistungen der Massenmedien hinsichtlich der gesellschaftlichen Umwelt als politisches System, beziehen sich auf demokratisch organisierte Staaten. Die wichtigste Funktion der Massenmedien in der Demokratie ist nach Ronneberger das Herstellen von Öffentlichkeit. Öffentlichkeit entsteht und bestand darin, dass Informationen via Massenmedien öffentlich zugänglich gemacht wurden. Heute trägt ebenso das Internet zur Herstellung einer Öffentlichkeit bei, in der nicht mehr nur mediale Institutionen Informationen und Meinungen zur Verfügung stellen können, sondern jeder und jede sich beteiligen kann. Politische Entscheidungen in einer Demokratie sind nur legitimierbar, wenn sie Ausdruck des Willens einer Mehrheit der betroffenen Bevölkerung sind. Willensbildung erfordert die Diskussion von Meinungen. Durch die Erzeugung von Öffentlichkeit bezüglich politischer Programme, Absichten, Forderungen und Ziele treten am politischen Prozess Beteiligte miteinander in Kommunikation. Indem Massenmedien die Erwartungen der Bürger ebenso thematisieren wie die Entscheidungen des politischen Systems, kommt es zum Austausch zwischen Organisationen, Institutionen, Parteien und Bürgern. So vermitteln die Medien das Wissen für die Meinungsbildung und ermöglichen auf diese Weise die Teilnahme der Bürger am politischen Prozess: Sie tragen zur politischen Bildung bei.

Die Massenmedien transportieren die Stimmung in der Bevölkerung und können Sprachrohr der politischen Parteien sein. Nur so kann die Meinungsbildung im eigentlichen Sinne zustande kommen. Saxer spricht auch von der Korrelationsleistung, die die Massenmedien erbringen, indem sie unterschiedliche Standpunkte aufeinander abstimmen und somit nicht nur Ausdruck der Meinungsvielfalt sind, sondern diese auch verringern. Dem Journalisten wird dabei die Funktion eines Vermittlers zugeschrieben.

Äquivalent zur Sozialisations- und Integrationsfunktion gibt es in Hinblick auf das politische System die politische Sozialisationsfunktion. Angesichts des hohen Differenzierungsgrades moderner Gesellschaften werden die politischen Rollen transparent gemacht, um eine aktive Teilnahme am politischen Geschehen zu ermöglichen.

Mit der politischen Sozialisationsfunktion verbunden ist die politische Bildungsfunktion der Medien, d. h., dass die Medien einen Beitrag leisten zur Heranbildung von am politischen Prozess beteiligten Staatsbürgern. Das Optimum gipfelt in der Fähigkeit zur Meinungsbildung.

Außerdem haben die Medien eine Kritik- und Kontrollfunktion. Sie geben den Mitgliedern einer Demokratie die Möglichkeit zur Kritik an den Machtträgern, indem sie Opposition und anderen Interessengruppen öffentliches Gehör verschaffen. Darüber hinaus kritisieren sie selbst Staat, Gesellschaft oder Organisationen, beispielsweise durch investigative Recherchen oder Kommentare zu aktuellen Themen. Die Veröffentlichung von Kritik bringt in gewissem Maße Kontrolle über die kritisierten Zustände, ohne weitere Sanktionsmöglichkeiten darüber hinaus zu besitzen. Die Veröffentlichung allein beziehungsweise die Angst davor kann zu Verhaltensänderungen führen, oder zu Folgen, wie eine Verurteilung oder Abwahl, die durch die Veröffentlichung in Gang gebracht wurden. Man spricht deshalb auch von den Medien als Vierte Gewalt im Staat.

Für die Presse sind in Deutschland die politischen Funktionen als öffentliche Aufgabe in § 3 der Landespressegesetze festgeschrieben: Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.

Ökonomische Funktionen

Die ökonomischen Funktionen beziehen sich auf die gesellschaftliche Umwelt als ökonomisches System in Gesellschaften, die nach privatwirtschaftlichen Prinzipien organisiert sind. Die zentrale ökonomische Funktion der Massenmedien ist die Zirkulationsfunktion. Danach unterstützen die Medien die Aktivierung des Ware-Geld-Umlaufs und sind, indem sie den Warenumschlag beschleunigen, ein Motor des Wirtschaftskreislaufs. Dies geschieht, indem sie als Werbeträger auftreten, beispielsweise in Form von kommerziellen Anzeigen, aber auch durch redaktionelle Beiträge oder indem sie als Unternehmen Arbeitsplätze schaffen.

Außerdem werden kapitalistische Produktions- und Machtverhältnisse im Rahmen der Medieninhalte gefestigt. Holzer benennt noch weitere Leistungen, mit denen Medien das kapitalistische Wirtschaftssystem stabilisieren: Wissensvermittlung, Sozialtherapie und Legitimationshilfe. Mit diesen Funktionen entsprechen die Medien der Bedarfsstruktur des Publikums. Medien vermitteln Wissen, das dem Konsumenten hilft, Kaufentscheidungen zu treffen.

Aus ökonomischer Perspektive wird die soziale Funktion der Rekreation beziehungsweise Unterhaltung zur regenerativen Funktion. Durch Befriedigung der Informations- und Unterhaltungsansprüche der Rezipienten erhält die arbeitende Bevölkerung jene Gratifikation, die sie benötigt, um sich zu entspannen, sich physisch zu erholen und sich psychisch zu motivieren.

Alle massenmedialen Informations- und Unterhaltungsangebote tragen schließlich zur Legitimierung und Propagierung des gesellschaftlichen Organisationsprinzips bei, auf dem sowohl die Gesellschaft als Ganzes, als auch die Medien basieren. Holzer spricht in diesem Zusammenhang von der herrschaftlichen Funktion, die die Medien erfüllen.

Primäre und subsidiäre Funktionen

Außerdem können primäre und subsidiäre Funktionen unterschieden werden:

  • Primäre Funktionen werden aufgrund des Programmauftrags oder des journalistischen Selbstverständnisses erfüllt. Zu ihnen zählen beispielsweise Information, Unterhaltung, Kritik oder Hilfe bei der Meinungsbildung.
  • Subsidiäre Funktionen sind als solche nicht beabsichtigt: Zum Beispiel kann Medienkonsum durch Bescheidwissen soziales Prestige herstellen.

Funktionen für das Individuum

Der einzelne Mensch erwartet von den Massenmedien Rat in praktischen Fragen, er will seine Neugier befriedigen und indirekt seine Unsicherheit durch Wissen verringern. Subsidiär erfüllen die Medien auch das Bedürfnis nach persönlicher Identität. Das dient einerseits dem reinen Vergnügen, hilft aber andererseits, den Alltag zu bewältigen, indem die Medien Erfolg versprechende Handlungsmuster vermitteln. Darüber hinaus zeigen Medien den Nutzern, welche Themen sozial und gesellschaftlich relevant sind, und liefern so Gesprächsstoff. Diese Funktion kann jedoch auch in das Gegenteil umgekehrt werden, wenn im Sinne von panem et circenses die politische Ablenkung von gesellschaftlich wichtigen/wichtigeren Themen bezweckt werden soll. Dies kann beispielsweise durch eine übermäßige Betonung von Fußball und anderem Spitzensport erfolgen.