Framing (Sozialwissenschaften)

Framing ist der meist bewusst gesteuerte Prozess einer Einbettung von Ereignissen und Themen in Deutungsraster, anhand konstruierter Narrative beziehungsweise Erzählmuster. Komplexe Informationen werden dadurch selektiert und strukturiert aufbereitet, sodass eine bestimmte Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und/oder Handlungsempfehlung im Sinne des Framing-Erstellers in der jeweiligen Thematik betont wird. In der Publizistik herrscht ein heterogenes Begriffsverständnis. Während die einen Frames in Anlehnung an das Schema-Konzept als kognitive Strukturen, Interpretations- und Deutungsmuster zur Informationsverarbeitung verstehen, sprechen andere von Tiefenstrukturen, die Medientexten zu Grunde liegen. Eine verbreitete Definition stammt von Robert Entman:

Fragestellung und Einordnung

Viele Themen sind überaus komplex, weshalb ihre Komplexität reduziert wird, wobei bestimmte Aspekte und Narrative selektiert werden. Bestimmte Perspektiven und Informationen werden hervorgehoben, andere in den Hintergrund gestellt – je nachdem von welcher Instanz wir die Themen vermittelt bekommen. Somit könnte man von einer Art Kampf um die Deutungshoheit sprechen. Gesellschaftliche Akteure versuchen Blickwinkel auf politische Themen durchzuringen. Unter ihnen befinden sich Nachrichtenorganisationen, Politiker oder wirtschaftliche Unternehmen. Gleichzeitig haben bei dieser Rahmung auch die Rezipienten ein Wörtchen mitzureden: Sie wählen die gerahmten Nachrichtenthemen nach individuellen Mustern aus und fügen sie in eigene Interpretationskategorien ein. Die Grundprämisse der Framing-Forschung geht somit davon aus, dass gesellschaftliche Themen niemals in ihrer gänzlichen Komplexität vermittelt werden, sondern stets durch Blickwinkel normiert sind. Die Framing-Forschung versucht zu klären, wie die Frames einzelner Akteure entstehen, wie sie sich ändern sowie gegenseitig beeinflussen.

Framing und Berichterstattung

Mithilfe von Frames lässt sich etwa begreifen, weshalb in der westlichen Berichterstattung häufig Themen wie Islam und Terrorismus in Verbindung gebracht werden. Politische Wahlkämpfe werden im Journalismus gerne mit Pferderennen verglichen, sodass der Wettkampf-Charakter in den Vordergrund tritt. Ein drittes Frame-Beispiel wäre die David-gegen-Goliath-Metapher, mit der in der Vergangenheit etwa der Israel-Palästina-Konflikt gerahmt wurde. Damit wurde er auf den Kampf zweier ungleicher Gegner reduziert, wobei der vermeintlich unterlegenen Partei Sympathie entgegengebracht wird.

Framing und Agenda Setting

Die Fragestellung der Framing-Forschung lässt sich allerdings noch weiter ausdifferenzieren. Immerhin ähneln ihre Ansätze verwandten Theorien der Wirkungsforschung wie dem Agenda Setting, Priming und Einstellungs-Konzept. Sie alle untersuchen Phänomene der Selektion, Perspektivierung und Priorisierung gesellschaftlicher Themen. In der Kommunikationswissenschaft herrscht immer noch große Unklarheit, wie sich etwa Agenda Setting und Framing-Theorie zueinander verhalten. Während die einen der Ansicht sind, es gebe keine Unterschiede, halten andere Framing für eine Erweiterungsform von Agenda Setting. Während die Agenda-Forschung die Frage aufwirft, welche Themen in den Medien ausgewählt werden, befasst sich der Framing-Ansatz damit, wie diese ausgewählten Themen perspektiviert werden. Gerade diese Fragestellung ist auch Gegenstand des ‚Second-Level-Agenda-Settings‘. Daher kann es gut möglich sein, dass sich beide Ansätze in Zukunft annähern werden.

Framing und Priming

Größere Unterschiede zeigen sich beim sogenannten Medien-Priming: Hier liegt der Fokus besonders auf der Wahlforschung und der These, dass soziale Themen an Politiker ‚getaggt‘ beziehungsweise mit ihnen assoziiert werden können. Die Konzentration auf bestimmte Themen im Wahlkampf bestärkt vermeintlich die Fähigkeit eines Politikers dieses Problem zu lösen. Framing beschäftigt sich also mehr mit der Auswahl und Hervorhebung thematischer Informationen, Priming mit der Reaktion, die vorangehende Informationen auf bestimmte Zielreize auslösen.

Framing und Einstellung

Noch schwieriger ist es die kommunikationswissenschaftlichen Begriffe ‚Frame‘ und ‚Einstellung‘ auseinanderzuhalten. Beide Theorien beschreiben kognitive, affektive und konative Blickwinkel auf bestimmte Themen und Objekte. Andererseits geht es beim Einstellungskonzept eher um Verhalten, die Individuen durch ihre Denkmuster entwickeln. Framing beschäftigt sich jedoch verstärkt mit Selektionsmechanismen, die in den Medien und im eigenen Gedächtnis stattfinden.

Framing und Konstruktivismus

Sucht man nach weiteren theoretischen Bezügen, besitzt die Framing-Forschung auch große Schnittstellen mit der psychologischen Schule des Konstruktivismus. Auch hier geht es um die Konstruktion sozialer Wirklichkeit, die durch Selektion von Erfahrungen und der Etablierung von Denkkategorien stattfindet. Indem wir die komplexen Informationen aus unserer Umwelt ‚rahmen‘, konstruieren wir gleichzeitig unsere Alltagsrealität. Framing kann daher auch als ‚gemäßigter konstruktivistischer Ansatz‘ verstanden werden.

Entwicklung der Framing-Forschung

Ursprung

Der Ursprung des wissenschaftlichen Framebegriffs geht auf den Psychiater Gregory Bateson zurück, der damit 1972 psychologische Phänomene beschrieb, nämlich die Exklusion und Inklusion bestimmter Informationen in Nachrichten. Als interdisziplinärer Forschungsansatz entwickelte sich das Framing-Konzept ab den 1970ern parallel in Disziplinen wie der Psychologie, Linguistik, Politikwissenschaft, Soziologie und Ökonomie. Häufig wurden begriffliche Synonyme wie Schema, Skript oder Map verwendet. Als die drei einflussreichsten Wurzeln wird hier in aller Kürze die soziologische, die psychologische und die kommunikationswissenschaftliche Geschichte der Framing-Forschung geschildert.

Erving Goffman

Als Meilenstein in der Soziologie gilt die Frame Analysis von Erving Goffman. Dieser hatte den Frame-Begriff von Gregory Bateson übernommen um menschliches Verhalten im Alltag zu erläutern. Nach Goffman sind Frames Definitionen von Situationen, die Ereignisse in Sinnstrukturen wiedergeben. Ihre Funktion für den sozialen Akteur besteht darin, Situationen zu erkennen und hieraus Verhalten und Handlungsanweisungen abzuleiten. Im Gegensatz zur Kommunikationswissenschaft wurde der Frame-Begriff also nicht auf die Massen-, sondern die Alltagskommunikation angewendet. Allerdings fehlt es Goffman noch an empirischen Zugängen.

Schema-Theorie

In der Kognitionspsychologie hat sich statt ‚Frame‘ der Begriff des ‚Schemas‘ durchgesetzt. Das Konzept befasst sich weniger mit Phänomenen öffentlicher Kommunikation, sondern Informationsverarbeitung, Wissenserwerb und Gedächtnisbildung auf der intrapsychischen Ebene. Die Unterschiede zwischen ‚Frame‘ und ‚Schema‘ sind nicht klar definiert. Während die einen beide Begriffe synonym verstehen, betrachten andere Frames als Bündel von Schemata. Einigung herrscht insoweit, dass geframte Medieninhalte von Rezipienten schemageleitet verarbeitet werden. Susan Fiske und Patricia Linville definieren den Begriff wie folgt:

Informationen beziehungsweise Wissen über Ereignisse, Situationen und Objekte werden somit durch Schemata in ein Netzwerk von Assoziationen eingegliedert. Man geht also davon aus, dass das Gedächtnis ähnlich wie eine ‚kognitive Landkarte‘ aufgebaut ist beziehungsweise Wissen in eine Art ‚flexibles Schubladensystem‘ eingeordnet wird. Konkrete Informationen werden innerhalb abstrakter Deutungsmuster gespeichert, sodass Hans-Bernd Brosius Schemata auch als Set von Attributen, Dimensionen und Slots, das Objekte einer bestimmten Kategorie teilen. Das Konzept liegt der Vorstellung zu Grunde, dass Menschen aufgrund der immensen Informationsflut an Umweltreizen zur Komplexitätsreduktion neigen. Schemas dienen also in erster Linie zur Informationsverarbeitung: Der einströmende Input wird entweder in bereits vorhandene Wissenskomplexe eingegliedert ‚‘oder zu neuen Schemata verknüpft, wodurch der komplexe Informationsfluss auf abstrakte Sinnzusammenhänge reduziert wird. Das Schema-Konzept erklärt somit, wie Menschen ihrer Umwelt Sinn und Ordnung zuweisen, um sich in ihr zurechtzufinden.

Die Schema-Theorie wurde erst relativ spät in der empirischen Kommunikationswissenschaft rezipiert, erfuhr aber dafür einen regelrechten Popularitätsboom. Doris Graber hatte das Konzept 1984 in die Wirkungsforschung übernommen und Untersuchungen zur Informationsverarbeitung politischer Themen durchgeführt. Maßgeblich für den Erfolg war der Aufsatz Framing: Towards a Clarification of a Fractured Paradigm von Robert Entman. Wegweisend waren ebenfalls die Studien von Shanto Iyengar, der zwischen episodischen und thematischen Frames unterscheidet. Durch die kommunikationswissenschaftliche Rezeption der Schema-Theorie wurde das Framing-Konzept erstmals auf Medieninhalte und Berichterstattung angewandt.

KI-Forschung

Als Abschluss zur interdisziplinären Entwicklung der Framing-Forschung sei angemerkt, dass das Konzept mittlerweile in weiteren Disziplinen wie der Informatik Fuß fassen konnte: So zielt die KI-Forschung darauf ab, natürliche Intelligenz zu rekonstruieren. Ein zentrales Problem hierbei ist jedoch, dass Computer Informationen nur rein logisch und nicht schemaorientiert verarbeiten. Ein selbstlernender Computer müsste jedoch in der Lage sein, selbst Schemas zu entwickeln und weiterzubilden, indem aus komplexen Umweltreizen abstrakte Wissenszusammenhänge gebildet werden.

Theoretische Grundlagen

Definition nach Robert Entman

Der englische Frame-Begriff beschreibt im Grunde eine Metapher. Wie viele andere Bezeichnungen in der Publizistik wurde er aus der Alltagssprache transferiert in einen wissenschaftlichen Fachbegriff und ist nicht mehr mit seiner ursprünglichen Bedeutung identisch. Ebenso wenig haben die hier behandelten Frames etwas mit dem Aufbau von Websites oder Filmstills gemeinsam. Doch selbst in der Publizistik herrscht ein heterogenes Begriffsverständnis. So basiert die Framing-Forschung weniger auf einem kohärenten Theoriegebilde und vielmehr auf einem Netz theoretischer Aussagen. Während die einen Frames in Anlehnung an das Schema-Konzept als kognitive Strukturen, Interpretations- und Deutungsmuster zur Informationsverarbeitung verstehen, sprechen andere von Tiefenstrukturen, die Medientexten zu Grunde liegen.

Robert Entman versteht Frames als Perspektiven auf politische Themen – Deutungsmuster, die in allen Phasen massenmedialer Kommunikation Informationen selektieren und strukturieren. Die Definition von Entman konkretisiert den Begriff durch vier Frame Elemente: Somit enthalten die Frames in Medientexten eine Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und Handlungsempfehlung, wobei nicht immer alle vier Elemente in einem Frame enthalten sein müssen. Dies zeigt sich etwa anhand der Irakkrieg-Propaganda nach dem 11. September 2001: Die Anschläge wurden aufs schärfste verurteilt und galten als Grund für ein härteres Durchgreifen gegenüber islamistischem Terroristen. Je nachdem, ob in Nachrichten alle vier Elemente eines Frames erkennbar sind oder nur indirekt Erwähnung finden, kann von expliziten oder impliziten Frames gesprochen werden.

Funktionen von Frames

Die Funktionen von Frames können unterschiedlich zusammengefasst werden: Michael Schenk spricht etwa von der Exklusion und Inklusion von Interpretationen zu einem Thema. Matthias Potthoff meint stattdessen, dass Frames thematische Aspekte einschränken, hervorheben und zusammenhängend darstellen. Doris Graber unterscheidet vier Funktionen: Schemas beziehungsweise Frames helfen dabei, Informationen wahrzunehmen, zu strukturieren, zu ergänzen und auf Handlungsmöglichkeiten zu verweisen. Außerdem betont Shanto Iyengar, dass Frames in der Berichterstattung stets Verantwortungen zuschreiben. In seiner Habilitation zum Thema Alltagsrationalität erklärt Hans-Bernd Brosius außerdem, dass Frames auch als Heuristiken fungieren: Heuristiken sind Entscheidungshilfen oder Faustregeln, die das Abwägen und Bewerten der vorliegenden Information verkürzen. Gerade in spontanen alltäglichen Entscheidungssituationen greifen Menschen also auf Frames beziehungsweise Schemata zurück, um Objekte, Personen oder Ereignisse zu beurteilen. Dies erklärt mitunter die Bildung von Vorurteilen, die nicht logisch-rational, sondern schemaorientiert stattfindet.

Ebenso heterogen wie die Funktionen gestaltet sich die Definition verschiedener Frame-Typologien. Während Shanto Iyengar von episodischen und thematischen Frames spricht, unterscheidet die Linguistik zwischen Situations- und Textschemata. Aufgrund der begrifflichen Vielfalt werden nachfolgend nur vier Frame-Unterteilungen aufgeführt.

Themenabhängige und themenunabhängige Frames

Die erste Frame-Typologie bezieht sich auf das Verhältnis zwischen den Begriffen ‚Thema‘ und ‚Frame‘. Urs Dahinden versteht Frames eher als langfristige Berichterstattungs- und Wahrnehmungsmuster, die sich aufgrund ihrer metaphorischen Abstraktion auf verschiedene Themen anwenden lassen. Für Jörg Matthes sind Frames allerdings themenspezifisch und konkret. Potthoff gelingt es beide Ansichten zu verbinden, indem er zwischen themenabhängigen und -unabhängigen Frames unterscheidet.

Nachrichten-Frames

Weitere Frame-Typen, die besonders für die Analyse journalistischer Texte Anwendung finden, sind Nachrichten-Frames. Sie dienen Journalisten als Arbeitsroutine, indem sie helfen, Informationen über Nachrichtenereignisse zu identifizieren und kontextualisieren. Gleichzeitig erleichtern sie die Kommunikation zwischen Journalist und Rezipient. Nachrichten-Frames erklären, weshalb vermeintlich objektive Berichte niemals unabhängig von den thematischen Blickwinkeln der Journalisten existieren können und verdeutlichen zugleich die Verantwortung der Journalisten, Themen nie ‚einseitig‘ darzustellen.

Medien- und Rezipienten-Frames

Diese Framekategorisierung bezieht sich auf den Aufsatz Framing as a Theory of Media Effects von Dietram A. Scheufele. Hierin werden zwei Richtungen der Framing-Forschung unterschieden: Studien, die sich eher mit Medien-Frames oder Rezipienten-Frames beschäftigen. Während man unter Medien-Frames beziehungsweise textuellen Frames eher Tiefenstruktur in der Berichterstattung versteht, begreift man unter Rezipienten-Frames beziehungsweise kognitiven Frames internal structures of the mind – also Tiefenstrukturen im Gedächtnis. Je nach Forschungsfrage können Medien- und Rezipienten-Frames als abhängige oder unabhängige Variable untersucht werden. Die Wechselwirkung zwischen den beiden Begriffen unterscheidet Scheufele über zwei Prozesse: Frame-Setting und Frame-Building. Unter Frame-Setting versteht er den Einfluss, den Medien-Frames auf Rezipienten-Frames besitzen – quasi die meinungsbildenden Prozesse, die über Themenperspektivierung Auswirkung auf das individuelle Gedächtnis haben. Den umgekehrten Prozess – den Einfluss der Rezipienten-Frames auf die Medien-Frames – bezeichnet er als Frame-Building. Hierunter fällt der bereits erwähnte ‚Kampf um die Deutungshoheit‘: Gesellschaftliche Akteure versuchen ihre Perspektiven zu gewissen Themen medial durchzusetzen. Framing-Effekte basieren immer auf komplexen Interaktionen zwischen Medien-Frames, Rezipienten-Frames und Kontextfaktoren. Je nachdem welcher Aspekte innerhalb dieser Wechselwirkung untersucht werden, müssen die unabhängigen und abhängigen Variablen verschieden gewählt werden.

Diagnostische, prognostische, motivationale Frames

Unterschieden wird zwischen diagnostischem Framing, das sich auf die Darstellung von Problemen und Schuldzuweisungen konzentriert, prognostischem Framing, in dessen Rahmen Problemlösungen und Strategien vorgeschlagen werden und motivationalem Framing, das sich auf die Mobilisierung von Teilnehmern und Sympathisanten bezieht. Weitere typische Frames sind die Unterteilungen in Konflikt, human Interest, ökonomische Konsequenzen, moralische Beurteilung und Verantwortlichkeit. Wird also beispielsweise in der Politik die Diskussion um die Kürzung der Sozialausgaben geführt, so kann diese Debatte folgendermaßen geframed werden: Entweder wird der Konflikt dargestellt, die Lebensweise und die Probleme eines Sozialhilfeempfängers, die ökonomischen Konsequenzen, durch eine moralische Beurteilung oder indem Verantwortliche gesucht werden.

Auch das Framing, also der sprachliche Rahmen, in den eine sachliche Information eingebettet wird, kann die Befindlichkeit und Motivationslage eines Gegenübers beeinflussen. So kann eine Information ganz unterschiedlich formuliert werden und dadurch ganz verschiedene Reaktionen hervorrufen. Aber auch während einer Therapie kann man den gleichen Inhalt unterschiedlich verpacken. Durch eine positivere Formulierung lässt sich hier eine bessere Mitarbeit des Patienten bewirken.