Feigenanbau in Deutschland

Feigenanbau in Deutschland ist im Freiland in geschützten Lagen in Weinbaugebieten möglich. Der Anbau erfolgt durch Liebhaber, normalerweise in Hausgärten und nirgendwo kommerziell. Meist wird die Echte Feige angebaut, nur sehr selten die Punjab-Feige. Entscheidend für den erfolgreichen Anbau sind Sorten- und Standortwahl.

Standort

In Deutschland gedeihen Feigenbäume vor allem an Standorten mit sehr günstigem Kleinklima, das man fast ausschließlich im innerörtlichen Bereich an gut geschützten Stellen findet, wie etwa an der Süd- und Westseite geheizter Häuser oder dicker, hoher Mauern, in sonnigen Innenhöfen oder neben dichtgepflanzten Gruppen immergrüner Gehölze.

Möglich ist auch ein Standort direkt an selten zufrierenden Fließgewässern, wie Bächen oder kleinen Flüssen. Vorteilhaft sind auch Hanglagen, in denen im Winter die Kaltluft schnell abfließen kann. Lediglich die Martinsfeige gedeiht in der Pfalz auch in völlig exponierten Lagen außerhalb von geschlossenen Ortschaften, beispielsweise in einem stillgelegten Weinberg, in einer Weise, wie man sie sonst nur aus Südeuropa kennt.

Sorten

Um in Deutschland Feigen zu ernten, muss man Sorten anbauen, die ohne Bestäubung durch die Feigengallwespe Früchte tragen, da diese in Deutschland nicht vorkommt. Wenig kälteresistente Sorten aus wärmeren Regionen, die in Deutschland in Kübeln gut gedeihen, da man die Pflanzen im Winter in Räume ohne oder mit nur geringem Frost verbringen kann, tragen keine Früchte, wenn sie auf Feigengallwespen zur Befruchtung angewiesen sind, was bei vielen Sorten aus Südeuropa oder Kalifornien der Fall ist.

Für Deutschland geeignet, weil sie sowohl ausreichend winterhart als auch selbstfruchtbar sind, gelten die Sorten Ronde de Bordeaux, Brown Turkey, Bananenfeige, Brunswick, Desert King, Dalmatie, Dauphine, Goldtropfen, Madeleine des deux Saisons, Martinsfeige, Negronne, Pastilière und Sultane.

Ronde de Bordeaux ist die beste allround-Feige, Brown Turkey wird vor allem wegen des hohen Ertrags angebaut und ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Sorte. Brunswick und Madeleine des deux Saisons sind vor allem für ein Klima geeignet, das nicht sehr sonnig und warm ist. Negronne zeichnet sich durch einen sehr guten und eigentümlichen Geschmack aus, die Martinsfeige dadurch, dass sie winterhärter als alle anderen ist, Dalmatie durch ihre sehr großen Früchte und Pastilière dadurch, dass sie die frühesten Herbstfeigen trägt, die unmittelbar an die späten Blühfeigen von Brown Turkey anschließen. Die Sorte Desert King trägt ausschließlich Blühfeigen und Dauphine als einzige Sorte mehr Blühfeigen als Herbstfeigen.

Von allen oben beschriebenen Sorten gibt es recht alte Exemplare im Südwesten. Auch die Feigensorte Florea aus Bulgarien soll sehr winterhart sein. Weitere, sehr winterharte Sorten sind Hardy Chicago und Osborn Prolific, die beide aus Nordamerika stammen und für deutsches Klima sehr empfehlenswert sind. Entgegen anderslautenden Aussagen mancher Baumschulen ist die dekorative Ice Crystal nicht sehr winterhart, sie friert auch an sehr günstigen Standorten im Weinbauklima nicht selten bis auf den Wurzelstock zurück. Bei der oft angebotenen Bayernfeige Violetta handelt es sich nicht um eine Sorte, sondern um eine Marke einer bayrischen Gärtnerei. Viele dieser so vermarkteten Feigen sind ebenfalls beiweitem nicht so winterfest, wie zugesichert.

Feigenbäume unbekannter Sorten, häufig angeboten in Bau- oder Supermärkten, tragen in Deutschland möglicherweise keine Früchte. Sie sind nicht selbstfruchtbar, sind für das hiesige vergleichsweise feuchte, sommerkühle und sonnenarme Klima nicht geeignet oder werden mangels Qualität in Südeuropa lediglich als Viehfutter angebaut. Bei angeblichen Neuzüchtungen handelt es sich unter Umständen um bekannte Sorten, die für einen teureren Verkauf umbenannt wurden. Sortenzüchtung bei Feigen ist ein aufwendiges Unterfangen, das von Baumschulen oder Gärtnereien nicht ohne Weiteres nebenher betrieben werden kann. Bisher wurde systematische Feigenzucht ausschließlich in den USA betrieben.

Winterhärte

Keine Feigensorte ist in Deutschland völlig winterhart, das heißt, dass so gut wie überall früher oder später einmal mit Frostschäden zu rechnen ist, vielleicht mit Ausnahme von Standorten mit sehr günstigem Kleinklima in der Mitte einer Großstadt in der Winterhärtezone 8a wie zum Beispiel Köln. Es gibt jedoch Sorten, die bei geeignetem Standort und entsprechender Pflege in den wärmeren Gebieten Deutschland für die Freilandkultur ausreichend winterhart sind. Die Winterhärte Echter Feigen ist stark von der jeweiligen Sorte abhängig.

Es gibt eingeführte Feigensorten – dazu gehören die meisten oben beschriebenen Sorten – die normalerweise bis −15 °C und je nach Wetterlage auch kurzzeitig bis etwa −20 °C ertragen können. Nach Pierre Baud liegt die kritische Temperatur für an sich sehr winterharte Feigenbäume bei etwa −16 °C bis −18 °C, jedoch können je nach den Umständen Feigenbäume schon bei −12 °C erfrieren oder aber −22 °C aushalten.

Bei Frostschäden sind oft nur die dünneren Zweige betroffen, bei stärkeren Schäden zuerst dickere Zweige und Äste, dann der obere Stamm und nur bei extremem Frost der gesamte Stamm. Der Wurzelstock überlebt fast immer und treibt dann normalerweise wieder aus. Meist regenerieren sich Feigenbäume nach Frostschäden wieder relativ schnell und tragen oft schon im Sommer direkt nach den Frostschäden, selbst wenn diese sehr stark waren.

Ein Frostschutz durch Mulch, Tannen-Reisig oder ähnliches am Boden und durch Einpacken der ganzen Pflanze oder zumindest des Stamms mit Schilfrohrmatten, Gartenvlies oder Stroh ist in Mitteleuropa sehr hilfreich um Frostschäden zu verhüten oder zu minimieren, jedoch je nach Standort nicht unbedingt nötig.